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Siu Nim Tao und die Basis

Wer bei uns anfängt, beginnt die erste Formübung des Ving Tsun, die Siu Nim Tao, zu lernen. Und wird erstmal tausend Fragen haben. Erst werden die auf der ebene sein von: wozu ist die Bewegung gut, wie kann ich sie im Kampf gebrauchen? Es wird nach Beispiele verlangt. Und klar, die kann ich geben-kein Problem. Aber eigentlich hat der Fragesteller dann ganz am falschen Ende angefangen, Fragen zu stellen- er hat das Objekt, das er untersuchen, verstehen will, erstmal unter den Mikroskop gelegt. Dabei sollte man doch erstmal das Gesamtbild, oder in unserem Fall, der Gesamtsinn der Übung betrachten- ansonsten kommt man leicht zu falschen Schlüsse: zum beispiel, das Ving Tsun ein 'wenn der gegner das macht, mache ich das'-system sei, anstelle eines Systems das mit Ideallinien arbeitet.

Ving Tsun ist also ein Idealliniensystem, weil es anders als den meisten Budokampfsportarten nicht nach dem Prinzip funktioniert, das ich hier oben schon “wenn der Gegner das macht, dann mache ich das” nannte, sondern beim Ving Tsun die Abwehr durch die Besetzung von Ideallinien praktiziert wird. Diese Linien entshen aus dem Raumverhältnis. An dem mittig positionierte Ellbogen des Ving Tsun muß der Gegner erstmal vorbei, wie beim Degenfechten wo die Angriffslinie durch den Degen belegt sein sollte, und man sich die Linie zum Ziel erstmal freimachen müsste. Es gibt somit keine reine Technik-abwehrtechnik, sondern es wird vielmehr über konkrete und raumbestimmende Positionen agiert.

Die hier oben genannte Ideallinien werden in den ersten Teil der Siu Nim Tao geübt. Hier werden die wichtigen Grundprinzipien und die grundsätzliche Funktionsweise unseres Ving Tsun erläutert- und durch viel Üben verinnerlicht, konditioniert. Die Form muss solange man Ving Tsun macht, immer wieder gewissenhaft geübt werden, nicht bloss schnell mal runtergespuhlt werden, denn das macht keinen Sinn. 

Ein weiteres wichtiges Prinzip des Ving Tsun ist die Gleichzeitigkeit. Und dass heisst nicht NUR das beide Hände etwas gleichzeitig machen! Vielmehr heisst es, dass man im Ving Tsun auch Angriff und Abwehr mit einem Arm machen kann. Es wird mit dem unteren Teil des Ellbogens gewehrt und der Ellbogen führt dann die Faust ins Ziel.

Diese in der Siu Nim Tao erlernte Prinzipien helfen uns, unser Ving Tsun system zu verstehen, geben uns den notwendigen Überblick, um zu erkennen wie alles im Ving Tsun zusammen passt, und wie die eine übung auf die andere aufbaut- warum wir unser Ving Tsun in gerade die reihenfolge erlernen, warum welche Übngen wichtig sind. Siu nim Tao ist die Basis, das Fundament, auf dem wir das Haus das wir Ving Tsun nennen, aufbauen. Wer die Basis missachtet, weil es ihm vielleicht zu langweilig wird immer wieder die gleiche Sachen zu üben, wird irgendwann mit sichselber konfrontiert: er wird vor einen Trümmerhaufen stehen, und muss noch mal von vorne anfangen.

 

Geschrieben von Andi

Yi Ji Kim Yung Ma, der Stand und die Hüfte 

Yi Ji Kim Yung Ma, der Stand der wir in der ersten Form lernen, ist wichtig für unsere Körperstruktur. Man sollte jeden Tag mindestens eine halbe Stunde in diesen stand stehen, mal ganz unabhängig ob man dabei die erste Form übt.

Lange in diesen Stand stehen kräftigt die Hüft- und Becken struktur, die Beine und die Fussgelenke. Die Hüfte ist die Verbindung zwischen Oben- und Unterkörper, die unverzichtbar ist, will man mit seinen Körper als Ganzes agieren, wie wir es im Ving Tsun machen wollen. Die Hüfte kontrolliert die Kraftenwicklung, die Ausrichtung von Kraft und Energie sowie Winkel bei Angriff und Verteidigung. Auch das absorbieren von Kraft, die schnelligkeit deiner Schritte, Balanz, dein Körperschwerpunkt und KOntrolle deiner Zentrallinie kommen von der Hüfte.

Man darf seine Hüftposition nicht verlieren,und sollte dies doch passieren,muss man sie schnellst möglich wieder zurückgewinnen können. Der Yi ji Kim Yung Ma ist eine Art isometrisches Training hierzu.

Zum Schluss sollte ich vielleicht noch erwähnen das der Yi JI Kim Yung Ma kein stand ist, den wir im Kampf gebrauchen.

 

Geschrieben von Andi

Lat Sao Jet Chung

Ein weiteres wichtiges Prinzip des Ving Tsun, das auch erstmals in der Siu Nim Tao gelernt wird, ist Lat Sao Jet Chung; das immer nach vorne gehen und richten der eigenen Kraft. In vielen Übungen wird dieser Energiefluss, eine anhaltende Vorwärtsbewegung sowie Kraft aus kürzerter Distanz geschult. So kann man später seinen Ziel, den Gegner reflexartig erreichen und seine Struktur brechen.

Geschrieben von Andi

 

 

Die Entstehungs-geschichte des Ving Tsun

 

Über die Schreibweise von Ving Tsun gab es oft Diskussionen. Der Name der Kampfkunst stammt aus dem Kantonesischen, deswegen gibt es keine eindeutige Übertragung in die lateinische Schrift.Um sich von anderen Schulen abzugrenzen sind so zahlreiche Schreibweise entstanden.Yip Man gründete die Ving Tsun Association, also als VT geschrieben. Zu Ehren Yip Mans dem "V T" sehr gefiel, weil es von victory, also Sieg, herkommt übernahm Wong Shun Leung diese Schreibweise. Dies ist aber nicht als Normung zu verstehen, da die Schreibweise unter Yip Man`s Schülern variiert. Es muss auch erwähnt werden, dass zwar die meisten Stile im Westen von Yip Man abstammen, aber auch andere herausragende Meister wie Yuen Kay-San einen sehr wichtigen Stellenwert in der Geschichte dieser Kampfkunst einnehmen. Im folgenden Artikel wird die Schreibweise Wing Chun verwendet, da sich diese Schreibweise in Europa als Sammelbezeichnung für alle Stilausprägungen dieser Kampfkunst weitgehend durchgesetzt hat.

Die frühen Ursprünge des Wing Chun liegen im Bereich der Mythen.

Über die Jahrzehnte entstanden viele populäre Entstehungsgeschichten, welche alle in ihrem Aufbau sehr dramatisch und spannend dargestellt werden, um den Ursprung der einzelnen Wing Chun Stile zu erklären.

Aufgrund revolutionärer Aktivitäten zur Entstehungszeit des Wing Chun, versteckten sich Kampfkunst Praktizierende manchmal hinter Spitznamen, Künstlernamen und manchmal wurden die Gründer von Kampfstilen aufgrund von Bescheidenheit oder marketingtechnischen Gründen mit fiktionalen Personen assoziert oder mit realen historischen Personen, welche aber tatsächlich an der Entstehungsgeschichte unbeteiligt waren.

Tatsächlich, war es im alten China nicht unüblich, eine Kampfkunst zu entwickeln und diese dann einer legendären Person oder Sagengestalt zu zuschreiben, um diese als tief in der Tradition verwurzelt darzustellen, anstatt diese auf relativen jungen Ursprungs zurückzuführen. Dies resultiert daraus, dass Chinesen Kampfkünste, welche eine alte Tradition pflegen mehr schätzen.

Die mündlichen Überlieferungen des „Pan Nam“ Wing Chun beginnen mitte 1670 mit dem Gründer Tien Dei Wui (Tian Di Hui) oder „Himmel und Erde Gesellschaft“, eine anti-Qing Bewegung. Diese Bewegung könnte hauptursächlich für die Entstehung des Wing Chun sein.

Um 1640 marschierten die Mandchus in China ein, stürzten die Ming Dynastie der Han Nation und errichteten die Mandchu/Qing Dynastie. Siu Lam Jee (Shaolinsi/Shaolin Klöster oder engl. Young Forest Temples) beherbergten Ming-Treue Chinesen und schnell entstanden revolutionäre Bewegungen. Manche waren möglicherweise selbst in diese Bewegungen involviert, weil wiederrum andere lediglich die Namen und Bräuche der Mönche übernahmen um ihre wahren Absichten zu verschleiern. Während dieser Zeit entwickelten sich die Kampfkünste dahingehend, dass diese aus einfachen und relativ schnell erlernbaren Techniken bestehen sollten, die dann effektiv eingesetzt werden konnten um sich gegen die klassischen Kampfkünste der Mandchus zur wehr zusetzen. Dies könnten die ursprünglichen Wurzeln der San Sao (Einzeltechniken) sein, welche sich später in Guangdong, Hung Suen Hay Ban (Rote Dschunke) verbreitet haben. Als Rote Dschunke wurden Transportschiffe einer Operntruppe bezeichnet, die üblicherweise mit roter Farbe gestrichen und bunten Fahnen geschmückt waren. Es gilt mittlerweile als bewiesen, dass man dort Ming-Treue Kampfkunstexperten gewährte zu arbeiten, um sich im verborgenen gegen die Qing Dynastie zu organisieren.

Es heisst, dass sich das oberste Siu Lam Kloster (Shaolinsi) in Songshan, Henan befunden haben soll. Mündliche Überlieferungen lassen vermuten, dass auch Klöster in Fujian, Jiangxi, Guangdong und anderen Ortschaften existierten. Dies lässt die Frage aufkommen, auf welches Shaolin Kloster sich die Wing Chun Legenden beziehen. Da die Wing Chun Stile mehr den aus Fujian und Guangdong stammenden Kampfkünsten ähneln als den nördlichen Stilen, ist es eher wahrscheinlich das es sich um das Fujian Kloster handelte, vorrausgesetzt es bestand tatsächlich eine Verbindung zwischen Wing Chun und Shaolin. Es muss aber berücksichtigt werden, dass das Henan Kloster mehrere Male wieder neu aufgebaut wurde und noch bis zum heutigen Zeitpunkt besteht. Während das Fujian Shaolin Kloster weder existiert noch irgend welche Überbleibsel existieren die dessen Existenz ausreichend belegen könnten.

Vielleicht passt dies in die alten Legenden, die davon erzählen, dass das Shaolin Kloster von den Mandchus vollständig zerstört wurde. Vielleicht handelt es sich hier aber auch nur um ein sagenumwobenes Märchen und der tatsächliche Ursprung des Wing Chun liegt in einfachen Dörfern in diesen Regionen.

Während angenommen wird, dass der Name Wing Chun erst um das 18. Jahrhundert entstand, kann davon ausgegangen werden, dass der Ursprung diesen Namens einer deutlich älteren Zeitperiode entstammt. Es existieren viele verschiedene Geschichten die vermuten lassen wie der Name Wing Chun entstanden sein könnte. Einigen Annahmen zufolge, entstand der Name Wing Chun zur Erinnerung und Ehrung der Wing Chun Tong (Halle des ewigen Frühlings) des Siu Lam Klosters, wo der sagenhafte Jee Chim die Kampfkünste lehrte. Da diese Halle im Henan Kloster nicht existiert, könnte sich diese im legendenumwobenen Fujian Shaolin Kloster befunden haben. Andere gehen davon aus, dass die Kampfkunst in Yongchun (Wing Chun oder ewiger Frühling) ein Kreis der bezirksfreien Stadt Quanzhou in der südostchinesischen Provinz Fujian praktiziert wurde und daher seinen Namen erhielt (Der Boxstil des Yongchun Kreises). In der Entstehungsgeschichte des Pan Nam Wing Chun heisst es, der Name entstand aus den Namen des revolutionären Führers Wing-Wah (Einer der Gründer des Geheimbunds „Himmel und Erde Gesellschaft“) in Verbindung mit der revolutionären Phrase der Himmel und Erde Rebellion; tai (bedeutet „großartig“ und steht für die Ming Dynastie), tien (bedeutet „Himmel“ und steht für die Himmel und Erde Gesellschaft) und yat (bedeutet „Sonne“ und steht für das Licht bzw. Freiheit, welche durch die Wiederherstellung der Ming Dynastie zurückkehhren sollte). Desweiteren beschreibt Pan Nam die erste Bewegung (Eröffnungsbewegung) der Formen siu nim tao, chum kiu und biu jee mit dem revolutionären Begriff „Fan Qing fu Ming“, was soviel bedeutet wie „Sturz der Qing Dynastie und Wiederherstellung der Ming Dynastie“. Demnach sollte nur durch Wiederherstellung der Ming Dynastie die Freiheit und Frieden zurückkehren.

Eine interessante Geschichte des Pa Fao Lien Wing Chun besagt, dass es in einer revolutionären Phrase heisst: Wing yun chi jee; ,mo mong Hon juk; Dai day wui chun" was soviel bedeutet wie "Sprich immer entschlossen; vergiss nicht die Han Nation; wieder wird zurückkehren der Frühling". Diese Phrase soll verkürzt als "Wing Chun" verbreitet worden sein und somit später in Verbindung mit der im Kampf gegen die Qing-Dynastie entstandenen Geheimbünde weitergegeben worden sein.

Wie anhand der erwähnten Ausführungen zusehen ist, verwenden einige Wing Chun Stile die Bedeutung (immer, ewig, fortwährend) während andere den Namen mit einer anti Qing Bewegung assoziieren. Wir werden niemals den wahren Ursprung des Namens kennen. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass während der Qing Dynastie der Name Wing Chun mit seiner tiefen revolutionären Bedeutung von vielen Kampfstilen in der Umgebung Fujian verwendet wurde. Dies beeinhaltet die Ahnen der Stile Hung ga kuen (wing chun hung ga kuen) und white crane/weisser Kranich (wing chun bak hok kuen). Diese verschiedenen Kampfsysteme könnten oder könnten nicht gemeinsame Wurzeln haben, jedoch teilten sie ein gemeinsames Ziel – Die Qing Dynastie zu stürzen und die Ming Dynastie wiederherzustellen.

Es wird stark davon ausgegangen, dass das was als Wing Chun bekannt wurde auf der Roten Dschunke von einem gewissen Cheung Ng (Zhang Wu) initiert wurde. Aufgrund seines unvergleichlichen Könnens mit der Technik „Tan Sao“, wurde Cheung Ng auch Tan Sao Ng genannt. Er wird erwähnt in historischen Überlieferungen der Guangdong Oper, niedergeschrieben von Autoren wie Mok-Siu Ha und Man Yiu, sowie in Überlieferungen der Pan Nam und Hung Suen Wing Chun Stile. Es wird von Historikern einstimmig davon ausgegangen, dass Cheung Ng sich in Foshan, Guangdong niederliess. Dort organisierte er die Rote Dschunke Oper, gründete die Hung Fa Wui Goon (Red Flower Union) und lehrte seine Fähigkeiten Mitgliedern dieser Gesellschaft.

Da Wing Chun in seinen Ursprungsformen auf der Roten Dschunke entstanden ist, kann mit ziemlicher Sicherheit davon ausgegangen werden, dass Ng Cheung`s Kampfkünste einen gewissen Einfluss in der Entstehung des Wing Chun hatten. Cheung Ng Spitzname ist Tan Sao, eine der Grundtechniken des Wing Chun Kuen. Tan Sao ist auch Bestandteil des 3.Satzes der siu nim tao und trainiert Energiefluss und Kraftausrichtung. In diesem Satz wird auch das sehr wichtige Wing Cun Grundprinzip „Lat Sao Jet Chung“ (kontinuierlich nach vorne gerichteter Energiefluss) trainiert. In einem alten Wing Chun Sprichwort heisst es, „unter dem Himmel ist der Tan Sao unbesiegbar“ und es ist bekannt, dass Yip Man beim trainieren der 1.Form (siu nim tao) mindestens eine Stunde damit verbrachte.

Ob Cheung Ng`s Kampfmethode ein orthodoxes nördliches System war oder eine Sammlung von Einzeltechniken und Konzepten ist unbekannt. In beiden Fällen hat es wahrscheinlich nicht sehr dem heutigen Wing Chun geähnelt. Wonach hat wohl Ng Cheung seine Kampfmethode ausgesehen?

Überlieferungen der Oper weisen lediglich daraufhin, dass Cheung Ng aus Wu Pak sehr talentiert im nördlichen Opern Kung Fu als auch in Techniken von Siu Lam war. Sowohl Hung Suen als auch Pan Nam Wing Chun benennen eine Schülerin von Siu Lum in der 22. Generation, unter den buddhistischen Namen „Yat Chum“ Um Jee (Staubkorn).Hung Suen Wing Chun benennt sie als eine Meisterin einer speziellen Kampfmethode aus Siu Lam. In Hengshan in der Provinz Hunan, soll diese ein Kloster gegründet haben und diese bis dahin namenlose Kampfkunst einigen auserlesenen Schülern gelehrt haben. Unter Ihnen auch Cheung Ng, der Leiter für Requisiten und Kostüme einer hunanesischen Operngesellschaft. Später musste dieser vermutlich aufgrund seiner revolutionären Aktivitäten fliehen und landetete schließlich in Foshan. Pan Nam lässt vermuten, dass Cheung Ng einige nördliche Stile beherrschte, einschliesslich Tai Gik (Taiji Quan), Tonglong (Tanglang Quan oder engl. Praying Mantis), Ying Jow Pai (Ying Zhao Quan oder engl. Eagle Clow) und Gum Gang Jeung (Jingang Zhang engl. Diamond Palms).

Tai Jik Kuen (Taiji Quan) ist ein Stil, welcher zu dieser Zeit eine paralelle Entwicklung in Chenjiagou in der Provinz Henan durchmachte. Zu dieser Zeit wurde der Stil ausschliesslich innerhalb der Chen Familie weitergegeben und erst Yang Lunchan (Gründer des Yang Taiji Quan Stil) wurde als erster Schüler außerhalb der Famile angenommen und brachte den Stil in den frühen 1800s nach Beijing. Deshalb ist es auf den ersten Blick eher unwahrscheinlich das Taiji Quan Einfluss auf das Wing Chun Kuen der frühen bis mitten 1700s hatte. Ein genaurer Blick in die Historie des Taiji Quan lässt aber etwas anderes vermuten.

Als Begründer des Taiji Quan gilt der General Chen Wangting (1597-1664), der, nachdem die Ming-Dynastie gestürzt und durch die Qing-Dynastie ersetzt worden war, sich als entlassener General in sein Heimatdorf Chenjiagou (Henan) zurückzog. Dort soll er eine Synthese von bewährten Kung Fu Techniken auf Grundlage von Qi Jiguangs "32 Formen des Boxens" mit Qi Gong Übungen geschaffen haben.Neuere Forschungen in Vebindung mit archäologischen Ausgrabungen an einer Ruinenstätte in Shanxi, an der zu Chen Wangtings Zeiten ein daoistischer Tempel gestanden hatte, legen ein anderes Szenario dar. Damals hatten sich in der Provinz Shanxi drei neue Stile entwickelt: eine Technik die als ursprüngliches Taiji Quan bezeichnet werden kann, Tongbei Quan und eine Variante des Xing Yi Quans. Diesen Forschungen zu Folge hat Chen Wangting mit seinem Waffenbruder Li in jenem Tempel bei einem "Namenlosen Daoisten" dieses ursprüngliche Taiji Quan gelernt.Chen und Li zogen sich dann in ihre Dörfer zurück, in denen sich der Stil im Laufe der Zeit unabhängig von einander weiter entwickelte. Der Li Stil entwickelte sich sehr Xing Yi-ähnlich. Da Chenjiagou aber in der Nähe des Shaolin Klosters lag, sind starke Shaolin-Einflüsse in das Taiji Quan eingegangen. Jedoch wurde auch der ursprüngliche Stil im Dorf weiter gegeben.Ein weiterer Markpunkt in der Entwicklung ist an der Rolle von Chen Chang Xin festzumachen. Bis zu ihm scheint sich der ursprüngliche Stil erhalten zu haben, der heute als "kleiner Rahmen des Chen-Stils" bekannt ist, während der Shaolin-geprägte Stil den "großen Rahmen" darstellt. Der große Rahmen wird heute von Chen Xiaowang repräsentiert, der kleine Rahmen von Chen Pei Ju. Bei Chen Chang Xin hat der Yang Stil-Begründer Yang Luchan gelernt, weshalb Yang-Taiji heute noch mehr Ähnlichkeit mit Xing Yi Quan hat als der Chen-Stil. Außerdem stammen vom kleinen Rahmen die Taiji-Familienstile Sun, Hao, He, und Zhaobao ab.

Aufgrund der Annahme, dass in einer Stilausprägung des Taiji Quan, Shaolin-Einflüsse eingegangen sind, lässt vermuten das möglicherweise auch Taiji Quan Einflüsse in die Kampfkünste der Shaolin (Shaolin Quan) miteingeflossen sind.

Auch war das Shaolin-Kloster nicht der Geburtsort des Kung Fu, sondern eher ein Sammelbecken unterschiedlicher Kampfkünste. Der Begriff Shaolin Quan steht nicht für einen definierten Kampfkunststil, heute sogar vielleicht nicht einmal für ein zusammenhängengedes Kampfkunst-System. Das mag viele Leute enttäuschen, geht doch die landläufige Meinung dahin, zu glauben, Kung Fu stamme aus klösterlichen Traditionen. In Wirklichkeit sind die meisten Kampfkunst-Stile Chinas im militärischen Umfeld entstanden.

Historisch gesehen muss man für die Geschichte des Shaolin Quan (Shaolin Kung Fu) drei Aspekte besonders betonen.

Zum einen musste das Shaolin-Kloster sehr früh schon seine wirtschaftlichen und politischen Interessen vertreten. So schickte das Kloster im Jahr 728 (am Beginn der Tang Dynastie) einige Kampfmönche zur Unterstützung des Tang Kaisers (Li Shimin), worauf sie als Dank weitere Privilegien zugestanden bekamen. Daneben musste das Kloster seine Länderein auch gegen Räuber verteidigen, so dass es nicht nur spirituelle, sondern auch ganz pragmatische Gründe für die Mönche gab, einen Kampfstil zu entwickeln. Ob und warum bestimmte Tiere oder Heilige als Vorlage für Kampftechniken herangezogen wurden, hat vermutlich viel mehr praktische Gründe, als rein religiöse.

Ein zweiter wichtiger Aspekt der Kampfkunstgeschichte des Shaolin Quan ist, dass es seit jeher von Militärs und Beamten, aber auch von vielen Straftätern auf der Flucht als Zufluchtstätte benutzt wurde. Da damals selbst Beamte geschult im waffenlosen und bewaffneten Kampf sein mussten, erhielt das Kloster immer neuen Einfluss von Kampfstilen und Kung Fu-Meistern. Somit wurden in den Mauern des Shaolin-Klosters immer verschiedene Kung Fu-Stile trainiert. Sogar bekannte Kung Fu Meister wie Ji Long Feng (siehe: Kurze Geschichte des Xingyi Quan) wurden im Shaolin Kloster als Lehrer angestellt und unterrichteten ihre Kampfkunst, die dann im Shaolin Kloster tradiert wurden (von Ji Long Feng z.B. das Shaolin Xingyi Ba).

Der dritte Aspekt ist, dass das Kloster auf Grund seiner politischen Rolle auch immer Opfer von staatlicher Restriktion war. So lange die Mönche für die politischen Ziele instrumentalisiert werden konnten, wurde das Kloster natürlich gefördert. Ein neutrales Kloster hingegen war insofern bereits eine Gefahr für die staatlichen Kräfte, da es eine kleine schlagfertige Armee besaß, die als Schlupfwinkel von Geflohenen und Abtrünnigen auch eine Keimzelle für mögliche Aufstände werden könnte. Im Laufe der Geschichte wurde das Kloster somit drei Mal niedergebrannt und die Mönche mussten jeweils fliehen. Bei der letzten großen Schlacht am Shaolin-Kloster (1928), wurde sogar ein Großteil der Dokumente, Bücher und Kunstwerke des Klosters vernichtet. Im Zuge der Kulturrevolution 1966 wurde das Kloster dann endgültig geschlossen, die Mönche vertrieben und verfolgt und das Shaolin Quan aus der Öffentlichkeit getilgt. Viele vertriebene Mönche wurden von Familien aufgenommen, die als Dank ihren Gönnern Unterricht in Kampfkunst gaben, natürlich nur hinter verschlossenen Türen. Erst nach der cineastischen Darstellung des Shaolin Tempels in Kung Fu-Klassikern wie Shaolinsi („Der Tempel der Shaolin“, Hongkong 1982, mit Jet Li), wurde das Interesse am Kloster und den traditionellen Kampfkünsten von der KP China wieder entdeckt. Das Kloster wurde offiziell wieder geöffnet und es wurden Kampfkunstlehrer aus verschiedenen Bereichen des Landes eingeladen, dort als buddhistische Kampfmönche unterschiedlichste Stile zu unterrichten.

Bis heute haben sich um das Shaolin-Kloster dutzende Kampfkunstschulen angesiedelt, die alle mehr oder weniger Shaolin Quan trainieren. Die meisten authentischen Shaolin-Mönche jedoch zogen sich nach der Liberalisierung der religiösen Vorschriften in die Berge um das Shaolin Kloster zurück und lehren dort eine kleine Schülerschaft.

Während Wing Chun Kuen dem südlichen Mantis sehr ähnlich ist (Körperstruktur, Stand und Techniken), ähnelt es dem nördlichen Mantis überhaupt nicht. Ying Jow ist ein berühmter nördlicher Stil (mit Variationen in Shangdong und Südchina). Hier ist zu erwähnen, dass allein Pan Nam gewisse Ähnlichkeiten zur südlichen Version des Ying Jow aufweist und allein Pan Nam diverse Klauentechniken beeinhaltet die z.B. an den 3-Finger Klauengriff des Ying Jow erinnert.

Letztens, Gum Gang Jeung ist eine berühmte Methode für Handflächen Techniken aus Shaolin. Obwohl Wing Chun Kuen über eine beachtliche Anzahl an Handflächen Techniken verfügt, werden diese mit anderen Terminologien umschrieben. Ohne weitere Informationen ist es schwer zu ersehen wie Wing Chun aus diesen Kampfstilen bestehen soll.

Eine bekannte Redewendung besagt „Nan quan bei tui“ („Der Süden boxt, der Norden tritt“). Dies ist aber nur eine Richtlinie zur groben Unterscheidung für Stile welche nördlich und südlich des Yangste Flusses praktiziert werden. So beeinhalten beispielsweise die Neija Stile (Taiji Quan, Xingyi Quan und Bagua Zhang) wenige Tritttechniken und haben ihren primären Fokus auf den Handtechniken. Obwohl es sich hier um nördliche Stilrichtungen handelt, beeinhalten diese also Attribute die man mit südlichen Stilrichtungen assoziiert. Es passen also nicht immer alle Stile in die vorgeschriebene Kategorie.

Allgemein sind die nördliche Stile jedoch für ihr umfangreicheres Repertoir an Tritttechniken bekannt und die Bewegungsabläufe tun typischerweise von links nach rechts in einer geraden Linie verlaufen. Südliche Bewegungen verlaufen dagegen in alle Richtungen und sind von Handtechniken geprägt. Ein erster Blick auf die Techniken der Wing Chun Formen lässt darauf schliessen, dass diese ausschliesslich südlichen Ursprungs sind. Jedoch bei genaurer Betrachtung ist zu erkennen, dass Wing Chun Formen wie Chum Kiu und Biu Jee in einer geraden Linie von links nach rechts ausgeführt werden und somit lässt sich auf einen nördlichen Einfluss schliessen.

Vielleicht beeinhalteten Cheung Ng Opernchoreografien einige nördliche Stile (Opernchoreographien nutzten typischerweise die stark auffallenden Bewegungen der nördlichen Stile). Dies hat möglicherweise zu einem primär choreografischen Einfluss als zu einem stilistischen Einfluss geführt. Dies würde z.B. erklären, warum Xingyi Quan zwar sehr starke Ähnlichkeiten in seinen Kampfprinzipien-und Verhalten gegenüber dem Wing Chun aufweist, aber sich in der Ausführung unterscheided.

 

Xingyi Quan gehört zu den ältesten Kung-Fu Stilen Chinas. Es ist der älteste, aggressivste und direkteste der "Inneren Stile" (Xingyi Quan, Taiji Quan, Bagua Zhang).Die Hauptmerkmale dieses Stils sind:

Massive Kraftausübung (Explosivkraft),Zentrumsarbeit (Angriffe primär auf den Körpermassenschwerpunkt), Strukturarbeit, Stabilität, Flexibilität, Beweglichkeit, Direktheit, offensive Ausrichtung (vor einem Angriff wird nicht zurück gewichen, es wird direkt zum Nahkampf übergegangen und der zurückweichende Gegner wird verfolgt), keine Täuschungsmanöver/Finten, Gleichzeitigkeiten (Gleichzeitigkeit von Angriff und Verteidigung), einfache/lineare Bewegungen, keine Abwehrtechniken (jede Verteidigung ist auch gleichzeitig ein Angriff und jeder Angriff eine Verteidigung),wenige Tritte (Tritte werden nur als Schocktechnik bis Gürtellinie eingesetzt) sowie Wechselspiel aus Spannung und Entspannung (Maximale Kraftgenerierung aus einer entspannten Haltung heraus). Mit der Effizienz und Kraft einer Dampfwalze überrollt man den Gegner mit ganzem Körpereinsatz und ohne überflüssige "Schnörkel". Die Techniken werden stets sehr frontal und offensiv ausgeführt, wobei der ganze Körper in den Techniken eingesetzt wird. Hinter einem Schlag im Xingyi Quan steht nicht nur die Hüft-, Schulter- und Armkraft, sondern die beschleunigte Gesamtmasse des Körpers. Das Stehen in der Grundposition San Ti Shi ist für jeden Lernenden der Anfang beim Xingyi-Quan-Training. In dieser Position lernt der Trainierende, trotz lockerer Haltung, eine innere Spannung im Körper aufzubauen. Mit dieser Torsionskraft können Bewegungen jederzeit schnell und kraftvoll initiiert werden. Verständnis und Können des San Ti Shi-Stehens sind die Basis für die Effektivität und Kraftexpansion im Xingyi Quan, vergleichbar mit dem Wing Chun Übungsstand Yi Ji Kim Yung Ma welcher auch hier die Basis bildet. Über den Vorwärtsdruck sagt das Xingyi Quan, dass die Hände immer das Gefühl haben sollten, nach vorne zu drücken. Dies ist vergleichbar mit dem wichtigen Wing Chun Prinzip "Lat Sao Jet Chung“.

Die Ursprungsform des Xingyi Quan ist das „Xin Yi Quan“. "Xin-Yi" (Herz-Gedanke), weil die Intention (Yi) beim Xin-Yi aus dem Herzen kommt. Ein Sprichwort im Wing Chun heisst ("Kuen yao sum faat==>Der Faustschlag kommt vom Herzen). Dies bezieht sich auf die Mentalität der Menschen im alten China, wo es eine weitbreitete Auffassung war, dass man mit dem Herzen denkt.

Die Bewegungen in den Inneren Stilen (Xingyi Quan, Bagua Zhang, Taiji Quan) sind weniger natürlich, sondern sehen auf den ersten Blick eher umständlich oder künstlich aus. Die Idee der „Inneren“-Techniken ist es aber, noch hinter die alltäglich-natürliche Bewegung zurück zu gehen und eine ursprünglichere Struktur im Körper zu erzeugen. Dazu ist es zunächst einmal nötig, dass man den gewohnten Bewegungsweisen des Alltags im Training Übungen entgegensetzt, mit denen man diese spezielle Kung Fu-Bewegungsweise ausbilden kann. Je besser dies umgesetzt wird, desto effektiver ist die Kraftanwendung. Allerdings dauert das Verstehen dieser Art der Kraftentfaltung etwas länger, als in den „Äußeren“-Stilen, da die Bewegungen gerade nicht alltäglich sind. Hier lernt man zuerst das korrekte Stehen bzw. die richtige Ausrichtung des Körpers am Boden, was man auch „Verwurzellung“, „Wiederstand suchen“ oder „Sinken-lassen“ nennen kann. Die Kraft kann vom Boden durch den Körper in den Gegner geleitet werden, da hierfür eine geeignete Körperstruktur die Energie durch den Körper leitet und diese nicht blockiert. Der Schlag beginnt gewissermaßen im Boden und wird nur durch den Körper an den Gegner abgeleitet und umgekehrt wird die Kraft, welche auf einen einwirkt, in den Boden oder ins Leere abgelenkt. Im Gegensatz zu der eher physischen Muskelkraft wird in den „Inneren“-Stilen also eher eine Form der Strukturkraft ausgebildet, d.h. eine Kraft die durch eine bestimmte Körperstruktur ausgebildet wird.

Auch wenn Xingyi Quan, Taiji Quan und Bagua Zhang unterschiedlich aussehen, beinhalten alle drei ein gemeinsames Bewegungsprinzip. Dabei geht Xingyi Quan wie eine Dampfwalze vor, die über den Gegner frontal herüber rollen soll. Im Xingyi Quan wird dem Gegner der eigene Mittelpunkt gewissermaßen aufgedrängt, so dass der Gegner zurückweichen oder fallen muss. Bagua Zhang wirbelt um den Gegner herum und hebelt den Mittelpunkt des Gegners durch Techniken aus unvorhersehbaren Positionen aus. Bagua Zhang zeichnet sich durch unvorhersagbare Verdrehungen und wirbelnde Positionswechsel aus. Dabei ist das Ziel mit genügend Geschwindigkeit und Flexibilität in Bereiche des Gegners zu kommen, in der man selbst maximale Kraft entfalten kann, der Gegner jedoch nur suboptimal. Während im Xingyi Quan der Fokus auf der massiven Kraftausübung und im Bagua Zhang das "Der-Kraft-aus-dem-Weg-gehen" gelegt wird, strebt das Taiji Quan einen Mittelweg an. Die Kraft des Gegners soll aufgenommen und letzlich gegen ihn gerichtet werden.Mit Taiji Quan wird der Mittelpunkt des Gegners mit dem eigenen in Kontakt gebracht und aus dem Gleichgewicht gebracht. In den „Inneren“-Stilen ist es sehr viel wichtiger, die allgemeinen Bewegungsideen zu verstehen und weniger, jede einzelne Technik und Kontertechnik auswendig zu lernen.

Es bestehen starke Gemeinsamkeiten zwischen diesen Stilen insbesondere zwischen Xingyi Quan und Wing Chun, jedoch wird im Wing Chun eine andere Bewegungsmotorik, Körperstruktur sowie andere Techniken benutzt. Allerdings sind durchaus auch einige äußerliche Ähnlichkeiten deutlich erkennbar, wie unten auf der Darstellung des Xingyi Quan zu beobachten ist.

Xingyi Quan Hsu Adam

(Xingyi Quan-Türen Horizontal - Quelle: Hsu, Adam.)

Die Ursprünge des Xingyi Quan liegen wie bei den meisten Kampfkünsten im Bereich der Mythen. Der Legende nach wird die Entwicklung des Xingyi Quan, damals noch Xin Yi Liu He Quan (Herz Geist Sechs Harmonien Boxen) genannt, dem berühmten General Yue Fei (aka. Yue Pong Jü, 1103-1141) zugesprochen, der während der Song Dynastie (960 bis 1279) lebte und über 120 Schlachten gewann. General Yue Fei soll mehrere Kampfstile entwickelt und beeinflusst haben, welche sich alle durch lineare Laufrichtungen und kurze klare Techniken auszeichnen. Für das exerzieren und drillen der Soldaten waren diese Aspekte von herausragender Bedeutung. Darüber hinaus erfand General Yue Fei viele neue Kriegstechniken und Waffen. So setzte er gegen schwer gepanzerte mongolische Pferdeeinheiten besonders lange Säbel (Zhan Ma Dao) und Hakenspeere (Gou Lian Qiang) ein und drängte das mongolische Heer aus China hinaus und bis in ihr Kernland zurück. Bei den Feinden der Song Dynastie soll es damals den Ausspruch gegeben haben, dass es leichter sei einen Berg zu schütteln, als Yues Armee zu erschüttern. Yue Fei wurde jedoch durch seine herausragenden militärischen Erfolge vom damaligen Kaiser als Gefahr angesehen und wurde auf seinen Befehl hin ermordet.

Für die folgenden 600 Jahre gibt es keine gesicherten Aufzeichnungen oder Erwähnungen des Xingyi Quan Kampfkunstsystems. Vermutlich wurden Stile aus der Tradition von Yue Fei nicht öffentlich verbreitet und trainiert, um nicht die Abneigung des kaiserlichen Hofes gegen den in Ungnade gefallenen General und seine Sympathisanten heraufzubeschwören.

Historische gesichert ist allerdings, dass am Ende der Ming Dynastie (1368-1644) in der Provinz Shanxi (Bezirk Yongji) ein Mann namens Ji Long Feng (aka. Ji Ji Ke, 1602-1683) lebte, welcher ein sehr anerkannter Speerkämpfer war und nach seiner Kriegszeit einen waffenlosen Stil entwickelte, der auf seinen Erkenntnissen des Speerkampfes aufbaute. Ji Long Feng war lange Zeit ein unbesiegter Speerkämpfer im Militär und als Untergrundkämpfer gegen das Mandschu Regime aktiv. Als er die Armee verließ suchte er in China einen Kampfkunstmeister, der ihm ein waffenloses System zeigen könne, das es mit seinen Speertechniken aufnehmen würde. Die Geschichte erzählt, dass er bei einer Reise am Berg Zhongnan einen alten exzentrischen taoistischen Mönch getroffen hätte, der ihm einen Hinweis gab, dass es in der Nähe eine Höhle mit einem Schrein für General Yue Fei geben solle. Als Ji Long Feng den Schrein untersuchte, fand er in einer alten Statue des Generals ein Kampfkunstbuch von Yue Fei, in dem neben dem Speerkampf einige waffenlose Techniken beschrieben wurden. Ji Long Feng fragte daraufhin den Mönch, wie er denn aus den Aufzeichnungen den waffenlosen Kampf lernen sollte, worauf der Mönch erwiderte, dass er doch nur seine Speertechniken ohne Waffe ausführen müsste. Nach mehreren Jahren des Studiums und Übens meisterte Ji Long Feng einen neuen waffenlosen Kampfstil. Seine Reise führte ihn daraufhin zum Shaolin Kloster. Hier erprobte er seine neue Kampfkunst und wurde nachdem er unbesiegt mehrere Vergleichskämpfe gewann, für 10 Jahre als Lehrer dort angestellt. Nach dieser Zeit reiste er weiter durch China, so dass er viele Schüler in mehreren Provinzen hatte und bereits in der Qing Dynastie (1644-1911) wurde Xingyi Quan/Xinyi Quan in den Provinzen Henan, Shanxi und Hebei trainiert. m Gegensatz zu Taiji Quan wurde Xingyi Quan in seiner Geschichte nicht nur im familiären und privaten Kreis unterrichtet, sondern auch systematisch in der militärischen Ausbildung gelehrt. Durch seine Effizienz wurde in der Neuzeit z.B. der Bajonett-Kampf des chinesischen Militärs aus dem Xingyi Quan abgeleitet und in Ausbildungsbücher kompensiert. Im zivilen Bereich wird Xingyi Quan heute besonders von Leibwächtern, Sicherheitskräften und Spezialeinheiten in China trainiert, da seine Kampfphilosophie den Anforderungen dieser Berufsgruppen sehr entgegen kommt: „So schnell und so direkt es geht den Kampf beenden und sich dem nächsten stellen.“ Bagua Zhang (der Kampfstil der Acht Trigramme Handflächen) ist der jüngste der drei Inneren Kung Fu-Stile (Xingyi Quan, Taiji Quan und Bagua Zhang).. Im Ba Gua Zhang wird im Gegensatz zu vielen anderen Wu Shu Stilen weniger mit der geschlossenen Faust (Quan) als vielmehr mit der offenen Hand (Zhang) gearbeitet.Über die Entstehung des Bagua Zhang gibt es mindestens drei Theorien. Eine Hypothese besagt, dass Bagua Zhang bei Gegnern der damaligen Qing Dynastie entwickelt wurde.Der historisch bisher gesicherte Ursprung ist jedoch ein Mann namens Dong Hai-Chuan (1798-1879/1882, geb. im Bezirk Wen-An, Provinz Hebei), der während der Qing Dynastie lebte.

Nach eigenen Angaben reiste Dong in seiner Jugend durch China und lernte bei mehreren Lehrern unterschiedliche Kung Fu-Stile. Aber kein Meister konnte seine Suche nach einer exzellenten und effektiven Kampfkunst vollends befriedigen. So reiste Dong schließlich zum Berg Jiuhua (Provinz Anhui), wo er einen Jungen sah, der einen merkwürdigen Kung Fu-Stil trainierte. Auf Dongs Frage, ob diese „Verrenkungen“ auch zum Kämpfen geeignet seien, wurde Dong von dem Jungen im freundschaftlichen Kampf überwältigend geschlagen. Dong suchte den Meister des Jungen auf und lernte von ihm über zehn Jahre diese (bis dato) unbenannte und unbekannte Kampfkunst.

Sowohl Überlieferungen des Pan Nam Wing Chun als auch des Hung Suen Wing Chun besagen, dass Cheung Ng sein System weitergab an Wong Wah-Bo, Leung Yee-Tai, Dai Fa Min Kam und einige andere. Pan Nam geht davon aus, dass dies in den frühen bis mitten 1800s passierte. Während Hung Suen davon ausgeht, dass dies in den frühen bis mitten 1700s geschah. Die geschichtlichen Daten der Oper lassen darauf schliessen, das Cheung Ng zwischen den frühen 1720s und mitte der 1730s in Foshan ankam (Vor der Zerstörung des Henan als auch des sagenumwobenen Fujian Shaolin Kloster). Daher ist es sehr fragwürdig, ob er genug Zeit hatte den oben genannten Personen sein System persönlich zu lehren. Außerdem waren Wong, Leung, Kam und die anderen Oper Mitglieder die iim Entstehungsprozess des Wing Chun involviert waren, alle aktiv mitte der 1800s. Daher ist sehr unwahrscheinlich, dass diese früh genug gelebt haben um das System direkt von

Cheung Ng gelehrt bekommen zu haben. Nach abwägen aller Möglichkeiten, fehlen einige Generationen innerhalb dieser zwei Zeitspannen, in welcher sich Wing Chun auf der Roten Dschunke entwickelte. Vielleicht sind diese wenigen Generationen die fehlenden Namen der Erben des Systems, die in den anderen Überlieferungen erhalten blieben.

Zu den Personen die Wing Chun an Operndarsteller der Roten Dschunke(oder der ihre Vorfahren) gelehrt haben sollen, gehören die sagenumwobenen ng jo (wuzu oder 5 Ältesten). Dazu zählt unter anderen Jee Shim Sim Si (Jee Shim Chan Buddhismus Lehrer) und Ng Mui Si Tai (engl. Five Plums Nun). Verbindungen zwischen den 5 Ältesten und der Roten Dschunke beeinhalten Miu Shun, Miu Tsui Fa, Fong Sai-Yuk (Fang Shiyu), Yim Yee, Yim Wing-Chun und Leung Bok Chao. Ob es sich hierbei um fiktionale Charaktäre oder um reale Personen in den Entstehungsgeschichten der südlichen Stilrichtungen handelt, kann nicht eindeutig gesagt werden. Diese Charaktäre sind berühmt in Volkssagen und wurden in unzähligen Hörgeschichten, Fernsehserien und Filmen dargestellt. Daher geniessen diese sagenumwobenen Personen einen sehr hohen Bekanntheitsgrad in ganz Südchina. Sie sind sehr stark in der Kultur verankert, so dass es in manchen Kreisen sogar als Blasphemie gilt deren Existenz zu leugnen.

Diese Geschichten entstanden vorwiegend während der Qing Dynastie im süden Chinas. Zu dieser Zeit sind die Mandchus gegen die südlichen Chinesen mit ungemeiner Härte und entsetzlicher Grausamkeit vorgegangen. Um den Volk Hoffnung zugeben und den Helden die danach strebten die Qing Dynastie zu stürzen mit seelischer Unterstützung beizustehen, war es vermutlich eine

Notwendigkeit diese Volkssagen entstehen zulassen. Wenn in dieser Zeit eine Kampfkunst in Verbindung zu diesen scheinbaren Göttern stand, galt diese als exzellent, unübertroffen und dem wurde sehr grossen Glauben geschenkt. Die Sagen um die 5 Ältesten reichen von ansatzweise glaubhaft bis ins vollkommen absurde. Die 5 Ältesten tauchen in sovielen Entstehungsgeschichten und mündlichen Überlieferungen auf, dass man annehmen könnte das dahinter doch ein Quäntchen Wahrheit stecken muss. Hier gilt es jedoch zu beachten, dass bereits während der Qing Dynastie Romanhefte über die 5 Ältesten im Umlauf waren. Ein Beispiel hierfür ist z.B. Wang Nian Qing (Ten Thousand Years Green), eine hoch dramatisierte Darstellung der 5 Ältesten aus Verrat, Betrug und zum Showdown bringen sich diese dann gegenseitig um. Über Generationen wurden Entstehungsgeschichten in verschiedenen Stilen über die 5 Ältesten als blanke Tatsachen präsentiert und akzeptiert. Daher ist es nicht schwer sich vorzustellen, dass diese Romangeschichten eine ursächliche Quelle für ähnliche Entstehungsgeschichten darstellen und weniger auf historischen Zusammenhängen basieren.

Von den 5 Ältesten werden besonders zwei Personen in unmittelbaren Zusammenhang mit den sagenhaften Entstehungsgeschichten des Wing Chun gebracht. Jee Shim wird mit vielen südlichen Kampfstilen in Verbindung gebracht, einschliesslich den 5 berühmten Haupftfamilien Systemen Südchinas (Hung, Lao, Choy, Lee und Mok). Seit seiner Flucht vom Siu Lam Kloster, soll er angeblich durchs Land gezogen sein um Schüler zu finden die ihn in seinem Widerstandskampf unterstützen würden. In vielen Erzählungen tritt er der Roten Dschunke bei und lehrt dort Wing Chun (Jee Shim Wing Chun oder Weng Chun) und luk dim boon gwon (sechs einhalb Punktstock = Langstock-Form). Jee Shim Wing Chun auch als „Weng Chun“ oder „Siu Lam Wing Chun“ bekannt um auf seine Ursprung aus Siu Lam (Shaolin) zu verweisen. Tatsächlich beeinhaltet dieser Stil viele Chan buddhistischen Bestandteile.Dies könnte mit der Phrase (Frühling wird zurückkehren) in Verbindung gebracht werden und darauf hindeuten das nach der Herstellung des Ming Dynastie, die Mönche beabsichtigten wieder zu ihren Ursprung zurückzukehren und ihre Kampfkünste wieder in Verbindung mit dem Chan Buddhismus auszuüben. Hier muss noch darauf verwiesen werden, dass während der Qing Dynastie die anderen Stile einzigst und allein fürs kämpfen entwickelt worden und dementsprechend keine buddhistischen Einflüsse beeinhalteten. Aber auch unterscheidet sich diese Version des Wing Chun in seiner kämpferischen Form. Jee Shim Wing Chun hat starke Ähnlichkeiten mit dem Hung ga kuen in seinen Ständen, Körperstruktur und Anwendungen. Anders als die anderen Wing Chun Stile beeinhaltet dieser Stil auch einige Hebel und Wurftechniken. Auch die Formen siu nim tao, chum kiu, biu jee sind nicht enthalten. Obwohl sich dieser Stil erheblich von den anderen Wing Chun Stilen unterscheided, wird er oft als Ursprungsform des Wing Chun oder Fundament auf dem sich das Wing Chun aufbaute bezeichnet.

Es ist unsicher ob Jee Shim Mitgliedern der Roten Dschunke wie Wong Wah-Bo, Leung Yee-Tai, Sun Kam „Dai Fa Min Kam“ und andere selbst unterrichtete (wovon in den Legenden ausgegangen wird) oder ob die Künste und Attribute welche ihm zugeschrieben werden einfach nur von Generation zu Generation weitergegeben wurden und letztendlich auf der Roten Dschunke landeten. Es ist interessant, dass einige Versionen des Wing Chun kuen Stils und Hung Ga Kuen ähnliche Charakteristiken teilen und beide Jee Shim als ihre Quelle angeben. Der Legende nach wird Ng Mui als Erbin des Siu Lam Kuen (engl. Young Forest Boxing), Wudangquan (Wudang boxing),und/oder Ngkok ga kuen (Yuejiaquan oder engl. Ngkok family boxing), und/oder als Gründerin des Wing Chun kuen (Wing-Chun`s boxing), Ng Mui pai (Wu mei pai oder Ng Mui`s Stil), lung ying mor kiu (engl. dragon shape rubbing bridges). Eine Sage benennt sie auch als Tochter des Ming General. Sie wird auch in Verbindung mit vielen verschiedenen Orten gebracht, unter ihnen Mong Dong San (Wudangshan) in Hebei, Siu Lam Jee (Shaolinsi) in Henan oder Fujian, Ngo Mei San (Emeishan) in Sichuan, Bak Hok Jee (Baihesi) in Yunnan oder Sichuan sowie viele andere Ortschaften in Guangxi und Guangdong. Es existieren sehr viele Geschichten um Ng Mui. Lange wurden diese von Romanschriftstellern favorisiert, welche wenig wirkliche Erklärungen lieferteten und viele Fragen unbeantwortetet liesen. Das eine Kampfkunst durch einen aufwendigen und langen Entwicklungsprozess entsteht ist selten der Fall, wenn überhaupt auf die Entstehung eingegangen wird, dann ist es das Produkt eines kurzen Augenblicks Inspiration durch die Beobachtung eines Tierkampfs und wenige Monate Training um diese Kampfmethode zur Perfektion zu bringen. Davon auszugehen, dass ein talentierter Kampfkünster/in allein durch die Beobachtung einer Schlange und eines Kranichs einen vollkommen neuen Kampfstil entwickeln könnte, grenzt schon an Mangel eines gesunden Menschenverstands. Jedoch kriegen immer wieder neue und naive Schüler von ihrem Sifu, dass Märchen von Ng Mui und Yim Wing Chun erzählt, als ob es sich hier um nachweisebare Fakten oder heilige Gesetze handelt die in Stein gemeiselt wurden. Es ist sehr fragwürdig, ob einer dieser Geschichten wahr ist, wahrscheinlicher ist das Ng Mui lediglich in sagenumwobenen Märchen eine Rolle in der Entstehungsgeschichte des Wing Chun spielte. Obwohl solche Geschichten sehr romantisch und inspirierend sein können und auch sicherlich ihren Platz in der umfangreichen Kultur des Wing Chun darstellen, ist es wichtig diese von historischen Fakten klar abzugrenzen.

Vielleicht wurde der Name „Ng Mui“ angelehnt an „Cheung Ng“ um den Wing Chun Stil zu popularisieren und die Identität der verschiedenen revolutionären Geheimbünde zu verschleiern.

Miu Tsui-Fa ist die Tochter des Ältesten Miu Hin und zuweilen Schülerin von Ng Mui. In verschiedenen Erzählungen soll sie Yim Yee und/oder Yim Wing Chun die Doppelmeser-Form gelehrt haben. Im Wing Chun System lassen sich aber die Kampfprinzipien der Doppelmesser kaum von denen des waffenlosen Kampfes unterscheiden. Daher ist es sehr unwahrscheinlich, dass diese von einer externen Quelle in das System integriert wurden (Außer die Legende würde erwähnen, dass die sagenumwobene Yim Wing Chun ein Paar Messer von Miu Tsui-Fa erhielt).

Fong Sai-Yuk (Fong Shiyu) war der Sohn von Miu Tsui-Fa und ist ein weiterer sehr bekannter Volksheld. Es wird berichtet, dass er als Kind in dit da jow gebadet wurde. Dit da jow sind chinesische Rezepturen zur Herrstellung von Heilmitteln. Jeder chinesische Meister beherrschte den Umgang in der Herstellung von chinesischen Heilmitteln, meistens hatten diese sogar ein eigenes geheimes Rezept, welches nur an ihre engsten Schüler weitergegeben wurde. Durch dieses Kräuterbad sollte Fong Sai-Yuk praktisch unverwundbar werden.

Fong Sai-Yuk ist Bestand vieler Romanbücher und Martial Art Filmen der Neuzeit. In den Sagen des Fujian Wing Chun soll er zusammen mit Hung Hay-Goon ein Schüler von Jee Shim gewesen sein. Es wird ihm nachgesagt, dass er über herausragende Fähigkeiten in diversen Kampfstilen verfügte, einschließlich Fujian Wing Chun das er später verbreitete. Aufgrund unzureichender Informationen und der chinesischen Attitüde Kampfstile in Verbindung mit berühmten Volkshelden zu bringen, ist es sehr fragwürdig, ob tatsächlich eine erntzunehmende Verbindung zwischen Fong und dem was wir heute als Haupt-Wing Chun-Zweige bezeichnen besteht.

Yim Yee auch bekannt unter den Namen Yim Sei oder unter den Spitznamen Yee Gung (Großvater Yee) wird manchmal nur als Vater von Yim Wing Chun benannt, wobei andere Erzählungen ihm eine deutlich wichtigere Rolle zukommen lassen. Eine Sage besagt, dass er ein Siu Lam Anhänger war, welcher später von einem Guangxi Mönch namens Miu Shun unterrichtet wurde. Miu Shun soll ein Schüler von Ng Mui gewesen sein und mischte Ng Mui`s Wing Chun Bak Hok kuen (engl. Fujien White Crane Boxing Style) mit seinem eigenen Kampfstil, um daraus ein neues System zu kreieren. Eine interessante Überlieferung benennt Yim Yee als einen Rebellen in den späten 1700s, der sowohl in Verbindung stand zum Fujian Kloster als auch zur Hung Mun Gesellschaften, millitant Hung Gwun (Red Pole). Ein Meister solcher fortgeschrittenen Kampfsysteme wie Wing Chun bak hok kuen (engl.white crane boxing), sae ying kuen (engl. snake shape boxing) und anderen Stilen. Eine Erzählung besagt sogar, dass Yim Yee selbst es gewesen sein soll der das Wing Chun entwickelte. Um seinen Wohnort, Yongchun (Wing Chun) Kreis in der Provinz Fujian zu ehren, soll er den Stil nach ihm benannt haben. Die meisten Überlieferungen gehen jedoch davon aus, dass er von Fujian mit seiner Tochter geflohen ist um einer Verhaftung durch die Qing zu vermeiden. Um über die Runden zu kommen, soll er dann entweder in Guangxi oder Yunnan Tofu verkauft haben. Da Guangxi an Fujian und Guangdong grenzt, wäre dies ein wahrscheinlicher Ort, um die Entstehungsgeschichte des Namen Wing Chun zu erklären.

Yim Wing Chun ist ein weiterer sagenumwobener Charakter in der Welt der Romanschreiber und Martial Art Filmen. Es existieren viele Legenden darüber wie sie Wing Chun von Ng Mui lernte. Eine Legende besagt sogar, dass sie es selbst war welche den Kampf zwischen einer Schlange und einem Kranich beobachtete. Die unzähligen Geschichten wie Yim Wing Chun die Kampfkunst erlernen musste um sich zu rächen oder weil sie von einem Grobian belästigt und zur Heirat gedrängt wurde, verleiht der Geschichte eine romantische Wendung. Es entsteht aber auch der Eindruck, dass das vollständige Wing Chun Kuen System innerhalb kürzester Zeit erlernbar oder gar zur Perfektion zubringen sei. Dabei ist Wing Chun ein Prozess, welcher viel Training und Ausdauer vorraussetzt und nur wer hart und kontinuierlich an sich arbeitet wird es auch wirklich meistern.

Eine andere Version geht davon aus, dass Yim Wing Chun in den frühen 1800s sae ying kuen (engl.snake shape boxing) und möglicherweise andere Fujian Kampfstile von ihren Vater Yim Yee lernte, welche sie modifizierte und ihrer Körperstruktur anpasste. Ein Vergleich des heutigen Wing Chun Kuen mit Wing Chun bak hok kuen (white crane boxing) und sae ying kuen (snake shape boxing) offenbare einige starke Ähnlichkeiten. Vielleicht beeinhalten diese Geschichten ein Quäntchen wahres und Wing Chun ist möglicherweise das Resultat der Vermischung dieser beiden Stile. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Volksgeschichten um die Schlange und den Kranich eigentlich aus der Verschmelzung dieser beiden Kampfstile resultieren.

Der Hung Suen Wing Chun Zweig geht davon aus, dass es sich bei dem Namen Yim Wing Chun um einen ausschließlich revolutionären Slogan handelte in Verbindung mit dem Wort Yim (Yim kann übersetzt werden als schützen, verschwiegen,geheim/verborgen halten). Dies lässt einige Zweifel aufkommen, ob Yim Wing Chun eine reale Person war. Wahrscheinlich war es tatsächlich die Absicht die wahre Identität des Stils zu verschleiern, damit die verschiedenen revolutionären Geheimgesellschaften im verborgenen operieren konnten.

Um 1810 soll Yim Wing Chun, Leung Bok-Cao kennengelernt haben, den sie dann später heiratete. Es existieren viele verschiedene Hintergründe um Leung, so soll er z.B. ein Choy ga oder Hung ga Schüler aus Zhaoqing gewesen sein, ein früherer Siu Lam Schüler aus Jiangxi oder Henan oder auch ein Operndarsteller der Roten Dschunke. Die meisten Erzählungen besagen, dass er zwischen 1815 und 1820 nach Guangdong reiste. Dort soll er Wong Wah-Bo, Leung Yee-Tai, Dai Fa Min Kam und andere Mitglieder der Roten Dschunke indem Kampfstil seiner Frau (Wing Chun kuen) unterrichtet haben. Überlieferungen des Yip Man Stil erwähnen einen Mann namens Leung Lan-Kwai. Manchmal ist er ein Operndarsteller, andere male ist er Osteopath oder ein reicher Gelehrter.

Es heisst Leung Lan-Kwai lernte Wing Chun von Leung Bok-Cao und brachte diesen Kampfstil auf die Rote Dschunke. Er wird als Verbindung zwischen Leung Bok-Cao und Mitgliedern der Roten Dschunke erwähnt. In Überlieferungen anderer Wing Chun Zweige wird er überhaupt nicht erwähnt oder lediglich als einfacher Kamerad der anderen Operndarsteller der Roten Dschunke erwähnt.

Interessanterweise sind die legendären Entstehungsgeschichten des Wing Chun und Fujian Wing Chun White Crane Style beinahe vollkommen identisch.

In beiden Erzählungen ist davon die Rede, wie Ng Mui einen neuen Stil entwickelte (Wing Chun und white crane boxing) als diese einen Kampf zwischen einer Schlange und einem Kranich beobachtete. In beiden Geschichten existiert ein Vater (Yim Sei und Fong Jong), der Kampfstile aus Fujian Shaolin seiner Tochter (Yim Wing Chun und Fong Chut-Leung/mandarin:Fang Qianang) lehrte. In anderen Versionen wird berichtet, dass seine Tochter (Yim Wing Chun und Fong Chut-Leung) einen Kampf zwischen einer Schlange und einem Kranich beobachtete und ihre Beobachtungen auf die Kampfstile die sie von ihren Vater erlernte übertrug und daraus einen neuen Stil kreierte (Wing Chun und white crane boxing). In der Überlieferung der Familie Fang heisst es, dass der Vater von Fang Qianang (Fong Chut-Leung) ein renmoierter Kampfkunstexperte der Fujian Shaolin Stile war. Er soll mit seiner Tochter oft durch das Land gezogen sein, wo diese des öfteren von aufdringlichen Verehrern bedrängt wurde. Da es aber unmöglich war mit sovielen Männern aufeinmal zu kämpfen, sollen beide sich damit abgefunden haben die Demütigung hinzunehmen. Eines tages soll Fang Qianang davon geträumt haben wie sie mit einem Kranich kämpfte. Basierend auf dem Kampfverhalten des Kranichs in Verbindung mit den Kampfstilen, welche sie von ihrem Vater lernte, entwickelte sie einen neuen Kampfstil (white crane boxing). In einer anderen Erzählung heisst es, dass ihr Vater ein Anhänger aus Siu Lam war, der nach dem Tod seiner Frau nach Fujian zog. Er soll ums Leben gekommen sein als dieser versuchte seine Tochter gegen mehrere aufdringliche Verehrer zu verteidigen. Fang Qianang soll später einem Kloster in Fujian als Nonne beigetreten sein. Eines Tages während sie Wäsche aufhing, soll diese versucht haben einen Kranich zu verscheuchen und entwickelte dann auf Grundlage des Kampfverhalten des Kranichs den white crane boxing style. In beiden Entstehungsgeschichten geben die Töchter ihre Kampfkunst an ihre Ehemänner (Leung Bok-Chao und Cheung Sei) weiter. In beiden Erzählungen werden die Kampfstile nach Yongchun, Fujian benannt. Aufgrund der auftretenden Ähnlichkeiten,lässt sich darauf schliessen, dass es sich um die selben archetypischen Charaktäre handelt, wahrscheinlich wieder um die wahre Identität der Revolutionären Personen die in der Entstehung der Kampfkünste involviert waren zu verschleiern.

Es ist auch sehr verwirrend, dass in einigen Erzählungen die Schülerin von Ng Mui nicht Fong Chut-Leung, sondern Fong Wing Chun genannt wird. Fong Wing Chun wurde später die Frau von Hung Hay-Goon. Dieser lernte die Siu Lam Tigerfaust von Jee Shim und white crane boxing von seiner Frau, woraus er Hung ga fu hok pai (engl. Hung family tigher crane fist) entwickelte. Ist diese kantonesische Version von Fong-Wing Chun nur eine Verfälschung der Entstehungsgeschichte Fong Chut-Leung (Fang Qiniang), der Stilgründerin des Fujian Wing Chun Bak Hok kuen (white crane boxing)? Hat man sich bei der Entstehungsgeschichte des Wing Chun kuen der Geschichte des white crane boxing (Fujian Bak Hok Kuen) bedient und lediglich die Charaktäre ausgetauscht? In einer Erzählung heisst es sogar, dass Hung Hay-Goon zu einem späteren Zeitpunkt seinen Namen in Leung Bok-Chao änderte und sich auf der Rote Dschunke versteckte. Der Fujian white crane style und seine Geschichte ist so weitreichend, dass diese sich sogar in Okinawa in Form des hakutsura kenpo (engl. white crane fist methods) verbreiteten. In der Kuen Po (Eintragungsbuch) des white crane style wird auf Okinawan karateka verwiesen. Bubishi (japanisch) oftmals auch als „Bibel des Karate“ bezeichnet, hier handelt es sich um ein altes Dokument (chinesisch: Wu Pei Chi), welches aus Fujian stammt. Guangdong ist viel näher an Fujian als Okinawa, dementsprechend sind die Geschichten des white crane style mit grosser Wahrscheinlichkeit auch bis nach Guangdong vorgedrungen.

Es sollte einem zu denken geben, warum die Namen Fong Wing-Chun und Yim Wing-Chun so ähnlich klingen und warum diese Geschichten soviele Paralellen aufweisen. Einige Historiker vermuten,dass die Geschichten alle ein und die selben Personen in ihre Erzählungen involvieren. Einige nehmen an, dass sich hinter der fiktionalen Gesalt Ng Mui in Wahrheit Fang Qianang (Fong Chut-Leung) die Stilgründerin des Fujian Wing Chun White Crane verbirgt. Es kann getrost davon ausgegangen werden,dass die Geschichten um die 5 Ältesten und ihre Schüler lediglich auf sagenumwobenen Märchen basieren, mit vielleicht einem Fünkchen Wahrheit, welche sich über die Jahre in die Entstehungsgeschichten vieler südlicher Stile verflochten haben.

 

Die Entstehungsgeschichte des Wing Chun bringt uns zurück zur Roten Dschunke. Dies ist der zweite Zeitabschnitt in der Entstehungsgeschichte des Wing Chun und die erste Zeitspanne, worüber relativ gut belegte und zuverlässige Informationen existieren.



Die Operndarsteller der Roten Dschunke konnten sich relativ frei bewegen, da diese meistens viel Make-Up trugen, sich für Opernauftritten verkleiden mussten (teilweise sogar als Frau), was ihnen wiederrum half ihre Identität geheim zu halten. Es war ein idealer Ort um Zuflucht zusuchen und wurde zu einer Hauptanlaufstelle um revolutionäre Aktivitäten auszuüben.

Die häufigst genannten Mitglieder der Roten Dschunke die Wing Chun praktizierten waren; Wong Wah-Bo, Leung Yee-Tai, Sun Kam auch Dai Fa Min Kam (Dai Fa Min Kam oder Pained Face Kam) und Gao Lo Chun. Jeder einzelne wird in mehreren Überlieferungen verschiedener Wing Chun Stile genannt. Mehrere Überlieferungen erwähnen auch einen Darsteller der Roten Dschunke namens Fook, der die Opernrolle Siu-sang spielte. Praktizierende des Pan Nam Wing Chun nennen ihn Lai-Fook Shun, während Praktizierendes des Hung Suen Wing Chun ihn als Hung-Fook bezeichnen. Andere benennen ihn wiederrum als Siu Fook (kleiner Fook). Obwohl es möglich wäre, dass es sich hier um unterschiedliche Personen handelt, ist dies auszuschliessen, da es niemals zwei Fook`s gab, welche die Rolle des Siu-sang spielten.

Wirft man einem ersten Blick auf die Geschichten über Dai Dong Fung (großer Ostwind) des Pao Fa Lien Wing Chun, wird einem auffallen, dass sich diese von den anderen Überlierferungen unterscheiden. Es wird einheitlich in den Wing Chun Stilen davon ausgegangen, dass Wing Chun sich von der Roten Dschunke verbreitete. Jedoch existieren hier einige Erzählungen die annehmen, dass Dai Dong Fung einige Zeit außerhalb der Roten Dschunke verbrachte. Weiterhin heisst es, dass er Wing Chun von Leung Bok-Chao lernte und dieses mit seinem Wissen aus Siu Lam vermischte. Eine andere Version besagt, dass er ein Gefährte der Roten Dschunke war und die Siu Lam Erzählung, lediglich als revolutionäre Verschleierunggeschichte diente. Eine andere Geschichte benennt als Ursprung des Pao Fa Lien Wing Chun einen Hung ga kuen Praktizierenden namens Lee Yin der später seine Kampfkunst mit Wing Chun vermischte. In beiden Fällen könnte dies eine Erklärung für die Ähnlichkeiten und Unterschiede des Pao Fa Lien Wing Chun sein.

Die Mitglieder der Roten Dschunke beherrschten eine vielzahl unterschiedlicher Kampfstile, sowohl zu Aufführungszwecken als auch für den Kampf. Als Operndarsteller benötigten Wong Wah-Bo, Leung Yee-Tai, Dai Fa Min Kam und andere ein umfangreiches Repertoir an optisch dynamischen Boxstilen und Waffentechniken. Hier hat man sich wahrscheinlich die nördlichen Kampfkünsten und die mehr Publikums anziehenden südlichen Stilen zu nutze gemacht. Als Rebellen brauchten die Mitglieder der Roten Dschunke aber primär ein Nahkampfsystem um Qing Beamte an Bord, in engen Räumlichkeiten und Gassen zu ermorden. Deshalb hat sich der Wing Chun Stil wahrscheinlich so entwickelt wie er es letztendlich tat.

Das Gu Lo Wing Chun liefert Belege dafür, dass Wing Chun anfänglich nur aus einzelnen Handtechniken bestand, die an der Holzpuppe, mit dem Partner und mit Doppelmessern trainiert wurden. Es ist wahrscheinlich, dass die Operndarsteller ihr Wissen zusammentrugen, die Kernbewegungen herausarbeiteten und diese dann miteinander verbunden haben. So sind möglicherweise die Bewegungsabläufe die man in den waffenlosen Formen siu nim/lin tao, chum kiu und biu jee sieht entstanden. Die sechs einhalb Punkte Langstock Techniken wurden zu diesem Zeitpunkt bereits in das System integriert und stellten zusammen mit den Doppelmessern und möglicherweise den fei biu (engl. flying darts) eine grundlegende Waffe dar.

 

Die drei waffenlosen Formen existieren in den Wing Chun Zweigen alle weitgehend in ähnlicher Form. Die Holzpuppe, Langstock und Messer Formen, beeinhalten zwar ähnliche Techniken, aber unterscheiden sich von Stil zu Stil in den Bewegungsabläufen (Formen). Dies lässt darauf schliessen, dass die waffenlosen Techniken schon in der frühen Zeitspanne der Roten Dschunke zu festgelegten Bewegungsabläufen verbunden wurden. Während die Holzpuppe, Langstock und Doppelmesser Techniken aus Einzeltechniken bestanden, welche erst zu einem späteren Zeitpunkt in festgelegte Bewegungsabläufe unterteilt wurden. Zu der Zeit als Wing Chun zunehmend öffentlich unterrichtet wurde, hatten sich die verschiedenen Wing Chun Zweige bereits von einander abgegrenzt . Daher ist es naheliegend, dass innerhalb dieser Zeit die Holzpuppe, Langstock und Doppelmesser Techniken zu festen Formen verbunden wurden. Dies würde die Ähnlichkeit in den waffenlosen Formen , aber die Unterschiede in den Waffenformen sowie der Holzpuppenform erklären.

Da jeder der Operndarsteller zwar ein umfangreiches, aber anderes Verständnis über die Kampfkünste besessen hat, hat jeder eine leicht andere Version des Wing Chun Kuen weitergegeben. Obwohl alle Wing Chun Schulen der selben Quelle entspringen und obwohl sich diese schon früh in verschiedene Wing Chun Zweige unterteilten, ist es sehr fraglich, wer wohl die authentischste und traditionellste Methode des Wing Chun bewahrt hat. Alle haben und keiner hat!

 

Der nächste grosse Zeitabschnitt in der Entwicklung des Wing Chun begann vermutlich mitte bis ende des 1800s als die Kampfkunst die Rote Dschunke verliess und sich in verschiedenen umliegenden Dörfern verbreitete (einschliesslich Zhaoqing, Foshan und Guangzhou). Viele Leute die in dieser Zeit Wing Chun lernten, wurden aufgrund ihrer kämpferischen Fähigkeiten hochangesehen. Zum erstenmal wurde Wing Chun außerhalb der engeren Familie bekannt und hochrespktiert.

Gerüchten zuflogen haben einig wenige ihre anti-Qing Aktivitäten weiterhin ausgeübt, andere haben Wing Chun benutzt um ihr Dorf zu schützen, Verbrecher zu fassen und wiederrum andere nutzen den Stil um sich selbst zuschützen und in Herausforderungskämpfen gegen andere Stile. Während dieser Zeit entwickelte sich Wing Chun von einem revolutionären Kampfsystem was primär zur Ermordung diente, zu einer mehr abgerundeten und erprobten Kampfkunst.

 

Als die Operndarsteller sich in der zweiten Hälfte des 18 Jahrhunderts von der Roten Dschunke verabschiedeten oder zur Ruhe setzten, gaben sie ihr Wissen weiter an; Dr. Leung Jan, Fung Siu-Ching, Fok Bo-Chuen, Cao Desheng (Cho Dak-On), Lok Lan-Gong, Cheung Gung und andere. Leung Jan, der Schüler von Wong Wah-Bo und Leung Yee-Tai wird zugeschrieben, dass er den Stil verfeinerte und in Foshan verbreitete. Cheung Gung, Schüler eines revolutionären Kameraden Hung Gan Biu, lehrte den Stil für mehrere Generation nur innerhalb der Familie, er unterrichtete seinem Großneffen Wong Ting. Sowohl Fok Bo-Chuen als auch Lok Lan-Gong lernten „Dai Fa Min“ Kams Stil in Foshan und gaben diesen nur an ein paar auserlesene Schüler weiter. Fung Siu-Ching, ein weiterer Schüler von Dai Fa Min Kam unterrichtete viele Schüler, welche den Stil in ganz Guangdong, Thailand, Malaysia, Vietnam und anderen Teilen Südostasiens verbreiteten. Überlieferungen besagen, dass über die Jahrzehnte vierzehn Wing Chun Meister nach Malaysia kamen. Nur von zwei Wing Chun Lehrern: Cao Dean (Cho Dak-On) und Yip Kin (beide Schüler von Cao Desheng) ist bekannt, dass sie dort öffentliche Schule errichteten. Sowohl Leung Jan als auch Fok Bo-Chuen sollen zuweilen von Wong Wah-Bo gelernt haben. Dies zusammen mit anderen Faktoren, erklärt möglicherweise die großen Ähnlichkeiten in der Körperstruktur, zwischen was später als „kleiner Rahmen“, mehr kompakte (komprimierte Version) Yuen Kay-San Wing Chun und Yip Man Wing Chun bekannt wurde.

Unterschiede in anderen Wing Chun Zweigen wie dem „großen Rahmen“ wie Pao Fa Lien Wing Chun, Nanyang Wing Chun, malaysisches Wing Chun und ähnliche Wing Chun Stile resultieren möglicherweise aus der Bewahrung des Wing Chun im großen Rahmen und/oder Integration des Hung ga kuen in das Wing Chun System. Ähnlichkeiten dieser Systeme haben es vermutlich zugelassen, dass diese effektiv miteinander verbunden werden konnten und hat so zu sehr gut abgerundeten Systemen geführt.

Eine andere Kategorie welche sich während dieser Zeit entwickelte, waren die Systeme die nur aus Einzeltechniken bestanden (keine langen Formen). Im späten Alter soll Leung Jan ein vierzig Punkte System in seinem Heimatdorf Guo Lo unterrichtet haben. Als er von Foshan nach Guo Lo zurückkehrte um sich zur Ruhe zusetzen, soll er dort ein Wing Chun System unterrichtet haben das nicht aus Formen bestand, sondern aus vierzig kleinen Übungen, Holzpuppen, Langstock und Doppelmessertechniken. Diese Version des Wing Chun wurde als Gu Lao sei sup dim (engl. Gu Lao forty points) bekannt. Diese Einzeltechniken haben sich von den Formen in den anderen Wing Chun Stilen nicht unterschieden. Leung Jan hatte sich einfach dazu entschieden Wing Chun kuen in seiner formlosen Variante weiterzugeben. Einige Schüler von Fung Siu-Chin entwickelten ähnliche Kurzübungen und Drills.Da diese Stile große Ähnlichkeiten aufweisen und Urtechniken wie (großer-zähmender-tiger oder engl. big-taming-tiger) oder (weißer-kranich-fängt-den-Fuchs oder engl. white-crance-catches-the-fox) beeinhalten, entstammen diese Stile möglicherweise dem selben Ursprungs-Einzeltechniken der Roten Dschunke.

 

Wing Chun hat in seiner Entwicklung große Fortschritte gemacht und sich vieler Orts fest etabliert. Trotzdem besteht immer noch die Möglichkeit, dass die modernen, verfeinerten Systeme, welche wir heute in Yip Man, Yuen Kay-San und anderen Zweigen sehen, zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht vollständig ausgereift waren. Wo kamen diese Versionen des Wing Chun denn dann her?

Wahrscheinlich von Yip Man, Yuen Kay-San und deren Kameraden.

 

Yuen Kay-San wurde 1889 als Sohn eines wohlabenden Geschäftsmann geboren. Er war das fünfte Kind in der Familie, daher nannte man ihn oft Yuen Lojia (Yuen der Fünfte). Als Yuen noch sehr jung war, engagierte sein Vater einen Kampfkunstlehrer namens Fok Bo-Chuen (Schüler von Dai Fa Min Kam und zuweilen von Wong Wah Bo). Yuen Kay trainierte zusammen mit seinen älteren Bruder Yuen Chai-Wan mit Spitznamen Dao Po Chai (Pockengesicht Chai). Unter der Anleitung von Fok Bo-Chuen absolvierte Yuen Kay-San ein intensives Training und erreichte ein hohes Können im Faustkampf, Training mit der Holzpuppe, Langstock, Doppelmesser, Eiserene Hand (engl.Iron Palm) und anderen Fertigkeiten. Obwohl er bereits über ein beachtliches Können verfügte, strebte er danach sich noch mehr Wissen anzueignen und seine Fähigkeiten zu verbessern. Um sein Training fortzusetzen ging er zu dem berühmten und gefürchteten Fung Siu-Chung. Fung Siu-Chun lernte Wing Chun von Dai Fa Min Kam in Guangzhou, wo er als Militärchef tätig war. Gegen ende der Qing Dynastie soll er Gerüchten zu folge als Leibwächter des Governeur von Sichuan gearbeitet haben. Aufgrund seines Berufs musste er sein Wing Chun oft in lebensbedrohlichen Situationen einsetzen. Er entwickelte ein sehr hohes Können und verfügte über umfangreiche Kampferfahrung. Als Yuen Kay San ihm sein Anliegen mitteilte war Fung Siu-Chun bereits sehr alt und wollte sich zur ruhe setzen. Aufgrund Yuen`s Ehrgeizes entschloss er sich jedoch seinen Ruhestand zu verschieben und nahm ihn als Schüler an. Er zog nach Foshan in das Familienhaus der Yuen`s. Yuen Kay San verbesserte sein Wing Chun und folgte seinem Lehrer bis dieser schließlich im Alter von 73 verstarb. Während seiner Unterrichtsstunden war Yue Kay San immer sehr aufmerksam und machte sich detailierte Aufzeichnungen. Er verbrachte Jahre damit sein gesamtes Wissen zu kombinieren und sein Wing Chun zu verfeinern. Er soll der erste gewesen sein, welcher systematische Aufzeichnungen über die Prinzipien und Konzepte des Wing Chun in Schriften wie „the twelve Methods“ verfasste. Er hat viel Zeit damit verbracht die Prinzipien des Wing Chun und ihre wissenschaftliche Betrachtungsweise eines Kampfes zu analysieren. Yuen Kay San war ziemlich wohlhabend und abgesehen von seiner Teilzeitstellte als Anwalt für die Regierung in Foshan, widmetete er seine ganze Zeit dem Wing Chun Training. Obwohl er in der Gegend ziemlich bekannt war, hat er nie eine Schule eröffnet und stets sein bestes getan um nicht in der Öffentlichkeit zustehen und jegliche Auseinandersetzungen zu vermeiden. Wenn er gezwungen wurde seine Fähigkeiten einzusetzen um sich zu verteiden, sah er diese Kämpfe stets als einen Lernprozess. Aufgrund seiner siegreichen Kämpfe sowohl im Faustkampf als auch mit Waffen, war er schon bald ein Thema in der lokalen Presse. Es wurden über ihn Geschichten und Zeitungsartikel verfasst von Journlisten wie Au-Sui Jee in den 1930s oder später von seinem Enkel Yuen Jo-Tong. Über die Jahre kam es zu einigen Kontroversen bezüglich, wer Yuen Kan-San denn unterrichtete. Verschiedene Geschichten benennen ihn auch als Schüler von Leung Jan, Chan Wah-Shun und Ng Jung-So. Dies soll daraus resultiert sein, dass Yuen Kay-San selten seine Lehrer gegenüber Außenstehenden erwähnte.Um 1930 versuchten Wing Chun Romanschriftsteller ihn in Verbindung zu bringen mit wem immer sie konnten. Da Yuen Kay-San einen freundlichen Umgang mit den oben genannten Wing Chun Praktizierenden pflegte, entstand eine enge Bindung zwischen diesen Wing Chun Zweigen. Aus Mangel an Zugang zu ernstzunehmenderen Quellen, gingen viele davon aus, dass die Niederschriften der Romanschreiber der Wahrheit entsprachen.Gegenüberstehende historische Belege der Schüler, Familie und sogar von den Schriftstellern selbst (z.B. Au Soy-Jee) haben dazu beigetragen geschichtliche Zusammenhänge klarzustellen.

 

Dr. Leung Jan war ein Arzt der traditionellen chinesischen Medizin und Kampfkunstexperte, der wegen seiner fachmännischen und einfühlsamen Natur als Jan Sing-Sang (Herr Jan) bezeichnet wurde.Aufgrund seiner Kampfstärke die er in unzähligen Herausforderungskämpfen unter Beweis stellte nannte man ihn auch Wong Wing Chun (König des Wing Chun) oder Gong Sao Wong (King of Talking Hands). Er unterrichtete einige Schüler in seinem Kräuterladen Jan Sang Tong (Mr. Jan`s Hall) in Foshan. Sein wohl berühmtester Schüler war ein großer und kräftiger Mann namens Chan Wah-Shun, der aufgrund seines Berufs als Geldwechsler Jiao Chin-Wah (Geldwechseler Wah) genannt wurde. Chan Wah Shun setzte dieTradition von Leung Jan fort und bestritt viele Herausforderungskämpfe. Dies verbesserte noch mehr den Ruf des Wing Chun in Foshan. Leung Jan und Chan Wah Shun sind Thema vieler Romane und Martial Art Filme. Der letzte und wohl bekannteste Schüler von Chan Wah Chun war Yip Man. Yip Man wurde in den mitte 1890s als Sohn einer angesehenen und wohlhabenden Familie in Foshan geboren. Entgegensetzt der Vorstellung er dürfe sich nicht die Hände schmutzig machen entwickelte er schon früh eine Vorliebe für das Kämpfen. Chan Wah Shun unterrichtete in in gemieteten Räumlichenkeiten die der Familie Yip Man`s gehörten. Chan Wah Shun hielt Yip Man für zu gebildet und zart für die Kampfkunst, so dass er ein sehr hohes Aufnahmegelt verlangte, um ihn von seinem Vorhaben abzubringen. Yip Man sein Verlangen die Kampfkunst zu erlernen war jedoch so gross, dass dieser mit seinem gesamten Ersparnissen zurückkehrte um Unterricht zu bekommen. Aufgrund Yip Man seiner Hingabe entschloss sich Chan Wah Shun schließlich dazu ihn als letzten Schüler anzunehmen. Als sich Chan zur Ruhe setzte, trainierte Yip Man weiterhin mit Ng Jung-So, einer der talentiertesten Schüler von Chan. Yip Man soll auch mit seinen Älteren Mitschülern und Freunden trainiert haben und erreichte ein beachtlich hohes Können im Wing Chun. Trotz seiner geringen Größe und schmalen Statur folgte er der Tradition seines Lehrers und bestritt viele siegreiche Kämpfe.

Es gibt aber auch einige Ungereimtheiten um die Datierung Yip Man`s in seinen jungen Jahren. Ältere Versionen besagen, dass Yip Man im späten 18. Jahrhundert (von 1893-1895) geboren wurde und bereits mit seinem Training im Alter von elf, neun oder noch jünger begonnen hat. In einer neueren Fassung heisst es, dass er in 1898 geboren wurde und im Alter von dreizehn von Chan unterrichtet wurde. Wenn man diese Angaben mit Yip Man sein unmittelbar älteren Klassenkameraden vergleicht, wie Lai Hip-Chi (Lai Hip-Chi wurde später der zweite Lehrer von Pan Nam), stellt sich heraus das Lai 1898 geboren worden sein soll und im Alter von dreizehn von Chan unterrichtet wurde. Dies lässt darauf schliessen, dass die Geburtsangaben in der älteren Version genauer sind. Einige schriftliche Veröffentlichungen besagen, dass Yip Man als Teenager nach Hongkong kam und dort fortgeschrittene Wing Chun Techniken von Leung Bik (Sohn von Leung Jan) lernte. Tatsächlich gibt es keinerlei Hinweise die die Existenz Leung Bik ausreichend belegen. Einige Schüler Yip Man`s äußerten, dass es sich bloß um ein Märchen handele das sich Lee Man von der Restaurant-Workers Union ausdachte um den Stil in Hong Kong attraktiver zu machen.

Yip Man selbst hat Leung Bik nie in seinen Schriften über die Historie des Wing Chun erwähnt. Leung Bik wird auch nicht innerhalb der anderen Wing Chun Zweige genannt. Daher sind diese Geschichten sehr fragwürdig. Was feststeht ist, dass Yip Man ein sehr hohes Können im Wing Chun erreichte.

 

In dieser Zeit waren die meisten Leute die auf sehr hohem Niveau Wing Chun praktizierten Söhne reicher Geschäftsleute, die es sich leisten konnten die teueren Unterrichtsgebühren die die Wing Chun Lehrer verlangten zu entrichten. Da diese nicht arbeiten mussten um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, konnten diese ihre Zeit ausschließlich dem Wing Chun Training widmen. Es heisst, dass Wing Chun Ausübende der verschiedenen Wing Chun Zweige sich in Räucherkammern trafen um gemeinsam zu trainieren und Ideen auszutauschen (unter ihnen auch Yip Man und Yuen Kay-San).

 

Die Meister des Jee Shim Wing Chun: Lo Hong-Tai, Dong On, Dong Yik, Chu Chung-Man und ihr Schüler Way Yan (Wei en) schlossen sich zusammen. Diese fünf Meister trainierten und verfeinerten ihre Kampfkunst in Dai Dak Lan (Ein Schiffdock in Hongkong). Unter Jee Shim Wing Chun Ausübenden ist Dai Dak Lan ein Ort wo diese Meister im relativ verborgenen ihre Kampfkunst verfeinern konnten. Dai Dak Lan hat Wing Chun Meister aus überall her eingeladen um sich mit diesen auszutauschen und zu trainieren. Unter Jee Shim Wing Chun Praktizierenden ist es bekannt das auch Yip Man des öfteren Dai Dak Lan besuchte um sich mit seinen entfernten Verwandten Chu Chung-Man auszutauschen.

 

Anfänglich soll Yip Man keine Schüler in Foshan angenommen haben. Yuen Kay-San hingegen nahm einen Schüler Namens Sum Nung in den 1930s an. Sum hatte schon zuvor san sao (Einzeltechniken) von einem Mann namens Cheung Bo gelernt. Cheung Bo arbeitete als Küchenchef in einem örtlichen Restaurant mit dem Namen Tien Ho. Yuen Kay-San schaute dort manchmal vorbei um einen Tee zu trinken und seinen Freund Cheung Bo zu besuchen. Cheung Bo war ein großer und kräftig gebauter Mann und genoss einen ausgezeichneten Ruf als Kämpfer. Cheung Bo soll Gerüchten zu folge Wing Chun von Wang Yuk-San gelernt haben. Wang Yuk-San war ein Militärarzt und soll ein Schüler von Au Shi gewesen sein. Nachts wenn das Restaurant bereits geschlossen hatte unterrichtete Cheung Bo die san so (Einzeltechniken) des Wing Chun kuen an eine kleine Gruppe, bestehend aus seinen Arbeitskollegen.Sum Nung wurde in Südamerika geboren und zog als Kind mit seinen Verwandten nach China, wo sie sich in Foshan niederliessen. Um seine Familie während der schwierigen Zeiten im 2. Weltkrieg zu unterstützten, fing er kurz darauf an in dem gleichen Restaurant wie Cheung Bo zu arbeiten. Obwohl er noch sehr jung war, zeigte er schon früh sehr großes Interesse an den Kampfkünsten. In den späten 1930 fing er unter der Leitung von Cheung Bo an Wing Chun zu lernen. Obwohl das System sehr einfach war, erarbeitete er sich durch das Training eine solide Basis. Zur gleichen Zeit begann Sum Nung seine medizinische Ausbildung bei Wang Yuk-San. Als Cheung Bo feststellte, dass er Sum Nung bereits alles beigebracht hat, was er wusste, hat er seinen Freund Yuen Kay-San gebeten das Training mit Sum Nung fortzusetzen. Anfänglich soll Sum Nung Zweifel gehabt haben, weil Yuen Kay-San ein starken Kontrast zu seinem Lehrer darstellte. Cheung Bo war ein junger und kräftiger Lehrer und Yuen Kay San war ein älter Mann der über einen schmächtigen Körperbau verfügte. Nach einem kurzen freundschaftlichen Kampf mit Yuen Kay-San hatte dieser allerdings keinen Zweifel mehr an dessen beachtlichen Fähigkeiten und wurde ein sehr geschätzter Schüler Yuen Kay San`s. Über die Jahre haben Yuen Kay San und Sum Nung viel Zeit damit verbracht ausgiebig Wing Chun zu trainieren. Wenn sie nicht trainierten, dann hörte Sum Nung aufmerksam zu wenn Yuen Kay San von den Konzepten des Wing Chun erzählte. Aufgrund ihrer Bemühungen wurden die Wing Chun Formen weiterhin verfeinert und die Konzepte wurden vollständig in die moderne wissenschaftliche Zeit übertragen. Während dieser Zeit sollen die beiden ausgiebig chi sao trainiert und diese Übung stark verbessert haben. Sowohl Yuen Kay-San/Num Sung als auch die Yip Man Linie verwenden poon sao/luk sao (engl. rolling arms), eine Vorübung zum chi sao. Andere Linien scheinen andere Methoden zu nutzen, welche näher an einer choreografierten zwei-Mann Übung des Taiji`s tui sao (tuishou oder engl. push hands) erinnern andere bedienen sich wieder vollkommen anderer Methoden. Es ist nicht ausgeschlossen sich vorzustellen, dass was heute als chi sao bezeichnet wird, erst durch die Verbesserungen Yuen Kay-San`s und seinen Schüler Sum Nung als auch Yip Man in das System integriert wurde.

 

In den 1940s ist Sum Nung in die nahliegende Stadt Guangzhou gezogen. In der Region verbreitete er die Lehren von Yuen Kay-San. Um sich was dazu zu verdienen, hat vor der Eröffnung seiner Arztpraxis, Wing Chun unterrichtet und hat seine ärztlichen Dienste z.B. Mitgliedern der „Restaurant Workers Union“ und „Iron Workers Union“ angeboten. Obwohl Sum genau wie zuvor Yuen Kay-San weder mit seinen Fähigkeiten prahlte noch in Auseinandersetzungen geraten wollte, hatte er gelgentlich einige freundschaftlichen Vergleichskämpfe mit Kämpfern anderer Kampfstile. Obwohl er aus Respekt gegenüber seiner Gegner nur selten darüber redetete, heisst es das er noch nie eine Niederlage einstecken musste und sein Wing Chun in der Region hoch angesehen war. Als Yuen Kay-San mitte der 1950s krank wurde, erzählte er Sum Nun das er davor Angst hätte, dass nach seinem Tod sowohl sein Name als auch den Beitrag den er zur Entwicklung des Wing Chun leistete für immer in Vergessenheit geraten würde. Als Yuen Kay-San schließlich 1956 verstarb, nannte Sum Nun zum Andenken an seinen Lehrer seinen Stil Yuen Kay-San Wing Chun. Als er 1956 nach Guangzhou zurückkehrte fing er an in einem örtlichen Krankenhaus zu arbeiten. Während der steigenden Machteinflüsse der Kommunisten und der damit verbunden Kultur Revolution war das Ausüben einer traditionellen Kampfkunst verboten. Deswegen unterrichtete Dr. Sum Nung nur im verborgenen um keine Aufmerksamtkeit auf sich zuziehen. Über die Jahre hat er nur die Schüler angenommen von denen er den Eindruck hatte, dass diese aufrichtung und vertrauenswürdig waren. Im laufe der Zeit hat Sum Nung sein Wing Chun immer wieder verfeinert.

 

Obwohl Yip Man einige Schüler in Foshan hatte, hat er seine größten Anstrengungen zur Verbesserung des Wing Chun unternommen als er 1949 nach Hong Kong ging. Dort verfeinerte er seinen Stil und überarbeitete seine Formen von Zeit zu Zeit und von Schüler zu Schüler. Yip Man lehrte Wing Chun in einer individualisierten Unterrichtsmethode. Er ging auf die Schwächen und Stärken des einzelnen Schüler ein und half ihm entsprechend seiner Anatomie des Körpers gutes Wing Chun zu trainieren. Diese individuell angepasste Unterrichtsmethode brachte einige sehr talentierte Schüler hervor, führte aber auch zu einem Wing Chun System, welches sich in verschiedene Zweige unterteilte, mit unterschiedlichen Meinungen darüber was Yip Man wohl unterrichtete. Hinzukam das Yip Man ein sehr traditionell eingestellter Chinese war. Er gab den Schülern nur von Zeit zu Zeit Informationen und erwartete, dass diese stets aufmerksam waren. Er lieferte kurze und knappe Erklärungen und man musste die Fähigkeit besitzen zwischen den Zeilen zu lesen. Diskussionen und Fragen waren stets willkommen, aber auch hier hing es stark von der Intelligenz, regelmässigen Anwesenheit im Training und Trainingsmoral des Schülers ab, wie lange und wie intensiv er sich mit ihm beschäftige. Dies führte dazu, dass der Informationsgehalt unter den Schülern stark variierte.

Nach Yip Man`s Tod kam es zu einigen Skandalen und Machtkämpfen um dessen Nachfolge, dies führte dazu das sich dessen Schüler in unterschiedliche Wing Chun Zweige aufspalteten. Einige dieser Zweige geben heute eine verwässerte und entfremdete Version des Wing Chun wieder die sich vollkommen vom Ursprung des Yip Man Stil entfernt hat.

Yip Man selbst hat zwar in Absprache mit einigen seinen Schülern Änderungen am System vorgenommen, aber diese haben sich stets im Einklang mit den Grundprinzipien und grundlegenden funktionsweise des Wing Chun befunden. Es wurden lediglich Veränderungen vorgenommen, um das System noch mehr zu vereinfachen und daraus einen praktischen Nutzen zu ziehen.

 

Ein logisch aufgebautes und in sich schlüssiges System wie Wing Chun bricht in sich zusammen, sobald man elementare Dinge modifiziert und willkürliche Änderungen vornimmt.

Änderungen ohne Rücksicht auf die Prinzipien die das System zusammenhält, verwässern das System, das Konstrukt, die Struktur und die Vorgehensweisen/Verhaltensweisen ändern sich. Wenn man Wing Chun erfolgreich anwenden möchte, muss man sich strikt an den Lehrplan halten.Wie in einer Berufsausbildung bleibt der Hauptinhalt des Lehrplans des zu Ausübenden Berufes immer gleich, nur gewisse Sachen werden angepasst und so verhält es sich auch im Wing Chun.

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Die Entstehungsgeschichte des Wing Chun wurde über die Jahre immer mehr verfälscht und hat zu einer vollkommen verzerrten Darstellung geführt. Eine Mischung aus einer möglichen Geheimhaltungspflicht und modernen Marketing Maschinerie haben viel Verwirrung gestiftet. In der Wahrnehmung der Öffentlichkeit haben sich so legendäre Gestalten wie Ng Mui und Yim Wing Chun als zweifelsfrei reale Personen und alleinige Stilgründer etabliert. Eine sehr verfälschte und beschnittene Fassung in der Tradition des Wing Chun wurde kreiert mit Ng Mui, Yim Wing Chun, Leung Bok-Chao, Leung Lan-Kwai, Wong Wah-Bo/Leung Yee-Tai bis hin zu Leung Jan, welche heute als die einzigste Haupt-Wing Chun-Linie angesehen wird.

Tatsächlich hat Wing Chun eine viel umfangreichere Entwicklung durchgemacht. Über die Jahre haben viele herausragende Meister diese Kampfkunst erlernt, viel zur ihrer Entwicklung beigetragen und ihr Wissen weitergegeben. Dennoch sind Meister wie Cheung „Tan Sao“ Ng und viele andere der Roten Dschunke wie Dai Fa Min Kam, Gao Lo Chung, Hung Gan Biu sowie ihre Nachkommen vollkommen aus den Geschichtsbüchern des Wing Chun verschwunden.

Die frühen Ursprünge des Wing Chun liegen im Bereich der Mythen und wir werden wohl niemals die absolute Wahrheit erfahren. Die spätere Geschichte ab der Roten Dschunke ist dagegen relativ gut belegt. Es kann mit ziemlicher Sicherheit davon ausgegangen werden, dass Wing Chun sich aus verschiedenen traditionellen chinesischen Kampfkünsten entwickelte. Anfänglich wurde Wing Chun aus der Not heraus entwickelt, um die tyrannische Mandchu/Qing Herrschaft zu beenden und die Ming Dynastie wieder herzustellen. Diese Kampfkunst hat einen langen Entwicklungsprozess durchmachen müssen, bis daraus eine so intelligente und hocheffektive Form des Kämpfens entstanden ist, wie wir sie heute kennen.

 

Geschrieben von: Ralph Bawuah (Nana Kwabena Agyemang I.)

 

Quellen: -Dr. Li Lee : offizieller Vertreter des Shang Pai Xingyi Quan in Europa. Er ist einer der

fünf engsten Schüler des berühmten Meisters Cao Lianfang (1903-1994) von

der Xingyi-Bagua Gruppe aus Peking. Außerdem ist er Gründer und Leiter

der Gruppe „SAGD“ Schwarzer Adler – Gelber Drache in Marburg, die

einzigste authentische Vertretung für Xingyi Quan nach dem Stil des

Großmeisters Shang Yunxiang (1864-1937) in Europa. Er unterhält um-

fassende Korrespondenz und persönlichen Kontakt zu hoch angesiedelten

Meistern unterschiedlicher Kung Fu Systeme in China.

 

-Complete Wing Chun: The Definitive Guide to Wing Chun’s History and Traditions

Von Robert Robert Chu,René Ritchie,Y. Wu

 

-Auszüge: aus Originalschriften und Interviews

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